Essstörungen – Wenn das Essen zur Sprache der Seele wird
- Derrick Spearman
- Jul 24, 2023
- 2 min read
Updated: Jun 12

Essen ist weit mehr als reine Nahrungsaufnahme – es ist mit Emotionen, Gewohnheiten und sozialen Bedeutungen verknüpft. Bei einer Essstörung gerät dieses Gleichgewicht aus der Spur: Das Essverhalten wird zur Strategie, um innere Konflikte, Stress oder Gefühle zu regulieren – oft mit großem Leidensdruck für Betroffene und ihr Umfeld.
Was ist eine Essstörung?
Essstörungen sind ernstzunehmende psychische Erkrankungen, bei denen sich alles um Gewicht, Körperkontrolle und Nahrung dreht. Häufig besteht ein gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper, zu Hunger- und Sättigungsgefühlen sowie zu Selbstwert und Kontrolle.
Die häufigsten Formen sind:
Anorexia nervosa (Magersucht): Starker Drang zur Kontrolle des Gewichts, extreme Gewichtsabnahme, intensive Angst vor dem Zunehmen
Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht): Essanfälle mit anschließendem Erbrechen, Fasten oder übermäßigem Sport
Binge-Eating-Störung: Wiederholte Essanfälle ohne kompensatorisches Verhalten, oft begleitet von Schuld und Scham
Nicht näher bezeichnete Essstörungen: Mischformen oder atypische Verläufe
Essstörungen können alle Altersgruppen betreffen – zunehmend auch Männer und jüngere Kinder – und verlaufen oft chronisch, wenn sie unbehandelt bleiben.
Typische Symptome
Starkes Kontrollverhalten rund ums Essen und Gewicht
Verzerrtes Körperbild (sich „zu dick“ fühlen trotz Untergewicht)
Essanfälle oder rigide Diätvorschriften
Rückzug, soziale Isolation
Schuld- und Schamgefühle nach dem Essen
Starker Einfluss des Körpergewichts auf das Selbstwertgefühl
Körperliche Folgen: Zyklusstörungen, Mangelerscheinungen, Herz-Kreislauf-Probleme
Der systemische Blick auf Essstörungen
Der systemische Ansatz fragt nicht nur was eine Essstörung ist, sondern wofür sie steht – im Leben, in der Familie, im sozialen Gefüge. Essen (oder Nicht-Essen) wird zur Sprache für unausgesprochene Themen wie:
Zugehörigkeit, Kontrolle, Abgrenzung
Perfektionsdruck oder unklare Rollenerwartungen
Konflikte, die nicht offen angesprochen werden können
Der Versuch, über den Körper Einfluss auf das Umfeld zu nehmen
Systemische Therapie betrachtet die Essstörung nicht als „Fehlverhalten“, sondern als sinnvolle Strategie, um mit inneren oder äußeren Spannungen umzugehen – eine Lösung, die zur Last wurde.
Systemische Methoden, die helfen können
Genogrammarbeit: Familiäre Muster von Kontrolle, Nähe, Abgrenzung sichtbar machen
Reframing: Essverhalten als Ausdruck ungesprochener Bedürfnisse verstehen
Aufstellungen: Beziehungen zu Körper, Essen, Kontrolle „in den Raum holen“
Ressourcenarbeit: Selbstwert stärken, jenseits von Äußerlichkeiten
Externalisierung: „Die Essstörung ist eine Mitspielerin – aber sie ist nicht du“
Wege zur Veränderung
Eine Essstörung ist kein „falsches Verhalten“, das einfach korrigiert werden kann. Sie ist tief mit Identität, Beziehungserleben und Emotionen verwoben. Veränderung bedeutet daher:
Die Funktion der Essstörung erkennen – und Alternativen entwickeln
Nicht nur das Symptom, sondern das gesamte Umfeld miteinbeziehen
Verständnis fördern – statt Druck oder Schuld
Mitgefühl mit sich selbst aufbauen – auch in Rückschritten
Kleine Schritte in Richtung Selbstbestimmung und Verbundenheit
In der systemischen Therapie kann Essen wieder zu dem werden, was es sein soll: Teil eines lebendigen, genussvollen Lebens – ohne Angst, Kontrolle oder Scham.
Fazit: Essen ist nicht das Problem – es spricht vom Problem
Essstörungen sind Ausdruck tieferer seelischer Prozesse. Der systemische Ansatz hilft, diese zu verstehen und gemeinsam neue Wege zu finden. Nicht gegen den Körper, sondern mit ihm. Nicht gegen sich selbst, sondern hin zu einem selbstbestimmten Leben.
✍️ Du bist nicht allein
Wenn du dich im Text wiedererkennst – oder dir Sorgen um jemanden machst: Du bist nicht allein. Systemische Gespräche können neue Perspektiven eröffnen – wertschätzend, empathisch und lösungsorientiert. Ich begleite dich gern auf deinem Weg.
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